Mein persönliches Highlight: VOX - das perfekte Dinner

Wen es interessiert, wie ich die Produktionszeit des "perfekten Dinners" auf VOX erfahren wird hier fündig. Der Produktionszeitraum für die Sendewoche vom 05. bis 09. März war gleich zu Anfang des Jahres - also etwa acht Wochen vor der Sendung.

Mit meinem Gastgebertag am Freitag endet eine anstrengende Woche und vorerst auch dieser Blog. Zu einem Stern habe ich es zwar nicht gebracht, aber kochen, das hab ich gelernt.

Sonntag, 21. Februar 2010

15. "Egal wie, hauptsache gleichmäßig!"



O-Ton Franziska: "Schneid' nicht so 'ne Scheiße!" Sie hat ja recht. "Hier!" Sie knallt mir einen Einsatz mit abgekochten Kartoffeln hin. "Pellen und in Scheiben Schneiden!" Man darf jetzt nicht glauben, Franziska sei etwa unhöflich, oder gar schlecht erzogen. Es herrscht einfach Küchenton, wobei der Küchenton hier wirklich freundlich ist. Die Klischees lassen anderes vermuten. Die Kartoffeln sind nicht ganz ausgekühlt und beim pellen brennen meine Fingerkuppen. "Leg die doch ins kalte Wasser!" "Darf ich das?" "Klaro, geht doch viel einfacher." Vielen Dank für den Tipp, denke ich bei mir, warum nicht schon früher? Nebenbei sei bemerkt, dass der Küchenchef nur drei Tage später gleiches mokiert. Da hieß es dann:"Die müssen heiß geschält werden, sonst geht zu viel dabei verloren!" Er will mir zeigen, was er meint und nimmt mit einem kleinen Messer eine Hauchdünne Schicht der Pelle ab. "Und das ist zu viel?" frage ich ungläubig. "Nee, so isses jut. Aber be' osjekühlten Ka'toffeln schaben 'se doch ne Menge mehr runter." "Ich verstehe." Nun gut. Gedanken sind frei. "Ich mach mich gleich dran." sage ich. "Is ellich waar. Un' schnadense de gleech in Schaaben för Braatkatoffln." Meine Gedanken schweifen ab. Ich erinnere mich an ein Interview mit der Schauspielerin Helen Mirren, in dem sie über ihren neuen Film redete, der hier in Deutschland, besser gesagt in Sachsen-Anhalt gedreht wurde. Da ihr aber die Aussprache dieses neuen Bundeslandes sehr schwer viel, sprach sie im Interview nur von "Sexy Anhalt". Ich find das süß und ich glaube das trifft den Nagel auf den Kopf. Äh, wo war ich?
Einst sagte Küchengott Escoffier:"Nur derjenige, der Ursachen und Wirkung der einzelnen Zubereitungsarten genau kennt, beherrscht die Kochkunst in vollem Umfange" - dann mal los!
Der Tag in der Küche beginnt. Der schlacksige Koch drückt dem Fahrradkurrier einen Zettel in die Hand. "Stell ma' nen Menü zusammen." Während ich am Zwiebel- und Kartoffelschneiden bin, versuche ich aufzuschnappen, was aufzuschnappen geht. Ein weiterer Koch tritt seinen Dienst an. Wir stellen uns höflich vor. Ich glaube, das ist der Auszubildende, denn so wie es aussieht bekommt er genau soviel auf den Deckel, wie ich wohl die nächsten Tage und Wochen erwarten kann. Franziska ist fertig mit dem Menü. Einige Dinge fehlen. Es wird längst nicht so frisch gekocht, aber das Mittagessen ist praktikabel. Hier muss keiner verhungern.



Es ist kurz nach Zehn und es wird plötzlich hektisch. Es werden Aufgaben verteilt und es wird laut in der Küche. Plötzlich brutzelt und blubbert es. Hier wird gerührt, dortgeschnitten, jemand belegt Brötchenhälften und um das Gastronomieflair abzurunden hat sich seit geraumer Zeit ein wohliger Klangteppich der immer wieder anspringenden Spülmaschine unter die klappernden, rauschenden und rührenden Geräusche gelegt. Ich bin wie angefixt. "Ham wa keine Pommes?" " Nee, is' bestellt." "Machen wir die Currywurst dann mit Bratkartoffeln?". "'können doch Pommes schneiden. 'Mit hausgemachten Pommes.' kommt doch gut." "Ey, schneid ma' Kartoffeln, aber die großen aus 'm Gemüsekühlhaus rechts." rief der Schlacksige zu mir rüber. Ich lief selbstbewusst los und holte so viele Riesenkartoffeln, wie ich nur tragen konnte. "Nee, allet. Bring ma' den ganzen Einsatz mit." "Kommt!" rief ich fachmännisch zurück. Damit hätte ich mich gleich auf Anhieb zweimal lächerlich gemacht. Als ich mit dem Einsatz zurückkomme gibt's Anweisungen. Ach Übrigens: ein "Einsatz" ist ein gastronomisch genormter Behälter einer bestimmten Größe zur Weiterverarbeitung, bzw. Aufbewahrung oder Präsentation von Rohstoffen oder fertiger Speisen. Diese sind meistens aus Edelstahl. Jeder, der schonmal im Urlaub am Salatbüffett gestanden hat, kennt diese Behälter. Mehr gibt's dazu eigentlich nicht zu sagen. Eben ein "Gastronormbehälter".
"Aber gut Wässern!" kommt die Anweisung. "Und wie willst Du die Stäbe?" fragt eine andere Praktikantin. "Na so!" Ich bin nur froh, dass ich diese Frage nicht gestellt habe. "Schneiden und dann erstmal ins Wasser." "Aber vorfrittieren!" rief der Fahrradkurrier von der anderen Seite. Informationsberge stürzen über mich ein. Wir fassen zusammen: Pommes sind aus. Currywurst geht nur mit Pommes. Lösung: Pommes machen. Große Kartoffeln schälen und in Stifte schneiden. Stifte Wässern, anschließend anfrittieren. Die anfrittierten Stifte, also Kartoffelstäbe werden kühlgehalten und bei Bedarf zu Ende gegart. Mir sträuben sich die Nackenhaare. Ein fast verdrängte Erinnerung kämpft sich Mühevoll an die Oberfläche. Die Pommes Frites sehen einfach scheiße aus. Sie sind viel zu groß, völlig ungleichmäßig und fleckig. Das Testfritteren ist total in die Hose gegangen. "Die müssen noch!" "Okay" sage ich nur kurz und wir schnippeln weiter. Die Pommesschnippelei hat sich in keinster Weise gelohnt. Zu Mittag sind genau vier Essen bestellt worden. Allerdings wurde die Vorbereitung für eine ganze Armee getroffen.
Das ist also das "à la carte" Geschäft. Ich werde aufgeklärt. Eine Menükarte wird für eine Woche erstellt, vielleicht länger, vielleicht kürzer. Der ganze "Dreck" der Vorwoche ist "um!" und muss entsorgt werden. Es wird alles neu gekocht. Es sei halt Montag. Zwischendurch hält immer wieder eine unförmige Frau mit blonden Haaren ihre Nase in die Küche und möchte etwas wissen, oder etwas essen. Die vier Essen hat die Küche total in Stress versetzt und dann kam diese eben erwähnte Frau und wollte gerne für sich Mitarbeiteressen bestellen. Nach meiner Einschätzung der völlig falsche Zeitpunkt. Nun gut, ich habe hier aber über nichts zu bestimmen!
Das Mittagsgeschäft ist nach den vier Essen durch. Es wird aufgeräumt. Es sieht aus wie im Schweinstall. Drei oder auch vier Leute haben da am Mittagsgeschäft rumgefuhrwerkt. Mir stellt sich eine Frage; "Wie rechnet sich das?" Sollte sich das rechnen werde ich sofort Gastronom!
Nachdem dieser "Stress" vorbei ist geht es an das Privatvergnügen. Wie ich erfahre ist der Azubi im dritten Lehrjahr, mit anderen Worten er bereitet sich auf die Abschlussprüfung vor. Sein derzeitiges Projekt hat etwas mit Dessert zu tun. Es ist eine Schokomousse auf Nougatkrokant. Es schmeckt auch für Nichtschokoladenliebhaber einfach lecker. Substitution an jeder Stelle, statt Cornflakes müssen Haferflocken und Müsli herhalten. Ich darf die Mousse probieren und sie ist wirklich gut gelungen. Sowohl die Basis, als auch die Mousse selbst. Darauf wird ein "Gelee" gesetzt, das durch Rotweingeschmack dominiert wird.
Ich habe das Gefühl, als würde der Tag heute einfach nicht enden wollen, dabei sind gerade erst mal sieben Stunden vergangen. Ein Tag in der Küche kann lang werden. Wie lang, werde ich noch am eigenen Leibe erfahren.
Kurz vor dem eigentlichen Feierabend kommt der Azubi-Koch im Dritten Lehrjahr auf die Idee Kartoffelkroketten selbst formen zu wollen. Die Vorbereitungen habe ich nicht so recht mitbekommen, ich steige ich den Produktionsprozess ein, als es darum geht die Kartoffelpresse zu suchen. Es gibt wohl eine, aber die hat heute Ausgang. Was bleibt ist den grob gestampften Kartoffelbrei durch ein feines Sieb zu streichen. Es dauert ewig. Die Masse wird abgebunden und danach zu zeigefingergroßen Rollen geformt, paniert und immer wieder testweise in die Fritteuse gegeben. Die Fritteuse ist entweder zu heiß, die Bindung nicht perfekt oder sonst irgend etwas stimmt nicht. Die Kroketten, sehen eine Zeit lang wirklich gut aus, aber dann platzen sie einfach auf. In der Zwischenzeit ist der Küchenchef zu uns in die Küche gekommen. Ich habe ihn den ganzen Tag lang nicht gesehen. Ich stelle mich kurz vor. "Wat macht ihr hier?" "Kroketten, aber die wollen nicht so recht." sagt der Azubi-Koch. Mittlerweile stehen wir alle um den Kartoffelteig herum und versuchen unser bestes, die Kroketten nicht zum Platzen zu bringen und jeder hat einen gescheiten Rat. "Wie lange bleiben Sie bei uns?" fragt mich der Küchenchef. "Den ganzen Monat." "Aha, dann kommen sie immer um zehn." "Okay." sage ich und nippe an einer Tasse Kaffee, die ich mir in die Küche geholt hatte. "Ach, und... Anlehnen und Kaffee trinken mag ich hier in der Küche gar nicht!" Ich steh sofort stramm "Is' recht!" "Machen sie nicht mehr so lange." sagt er in die Runde und ist wieder verschwunden.
Aber der Tag ist lange noch nicht vorbei. Nachdem der restliche Kartoffelteig zu "Herzoginkartoffeln" verarbeitet worden ist, aus einem nach Orangen schmeckenden Teig Gitter gebacken und Früchte in Zucker karamelisiert worden sind wird geputzt, was noch nicht sauber ist. Oberflächen gewässert, Biomülleimer geleert, Regale im Kühlhaus abgedeckt, der Boden in der Küche unter Wasser gesetzt und geschrubbt, die Edelstahlschränke anschließend nochmal saubergewischt und alles kommt wieder an seinen Platz. Diese Küche hat ihre beste Zeit schon hinter sich. Es ist unübersehbar, dass der Zahn der Zeit an vielen Stellen nagt und bereits hier und dort schon die Oberhand gewonnen hat. Die Einrichtung ist alt, aber sie funktioniert. Die Hygienemaßnahmen werden eingehalten und es herrscht eine Grundsauberkeit vor.
Mein Fazit des ersten Tages: Auch hier wird nur mit Wasser gekocht und es gibt viel zu wenig Equipment. Es fehlt nahezu an Allem. Gut, dass die Köche ihre Messer selbst mitbringen. Ohne Fahrradkurrier hätten wir nicht mal einen gescheiten Teigschaber, den "Schlesinger" oder Pfannenwender, die "Palette" hier. Auch ich habe mir schon ein Sortiment, inklusive Messermappe angeschafft. Die kommt morgen mit, denn mit diesen abgerissenen Messern möchte ich keinen zweiten Tag arbeiten. Möchte man sich hier selbstverwirklichen, ist eigentlich das gesamte Handwerkzeug eines Kochs selbst mitzubringen.

1 Kommentar:

  1. Gratuliere zum Praktikum und zu den spannenden Berichten, weiter so!

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