Mein persönliches Highlight: VOX - das perfekte Dinner

Wen es interessiert, wie ich die Produktionszeit des "perfekten Dinners" auf VOX erfahren wird hier fündig. Der Produktionszeitraum für die Sendewoche vom 05. bis 09. März war gleich zu Anfang des Jahres - also etwa acht Wochen vor der Sendung.

Mit meinem Gastgebertag am Freitag endet eine anstrengende Woche und vorerst auch dieser Blog. Zu einem Stern habe ich es zwar nicht gebracht, aber kochen, das hab ich gelernt.

Montag, 8. März 2010

16. Rent a cook!

Bereits am dritten Tag werde ich an den hauseigenen Caterer ausgeliehen. Erst wird meine Flexibilität, dann die Mobilität geprüft. Arbeitsbeginn zwei Stunden früher. Verdammt, wie mache ich das jetzt mit dem Hund? Am nächsten Morgen stehe ich zeitig auf und versorge das Tier. Eine Stunde später stehe ich in einem leeren großen Schulkomplex. Mir läuft ein Schauer über den Rücken. Ich dachte die Sache mit der Schule hätte ich längst hinter mir. Die Erinnerungen an diese Zeit gehören bestimmt nicht zu meinen liebsten. Ich suche die Küche. Bei dem Gedanken heute in einer Mensaküche arbeiten zu müssen hält sich meine Euphorie Koch werden zu wollen in Grenzen. Ein älterer Herr schippt Schnee auf dem Schulhof. Wieder draußen frage ich ihn nach dem Weg zur Kantine. "Heute ist schneeschulfrei." sagt er mürrisch, weiterhin schneeschippend. "Ach?" Das ist zwar nicht die Information die ich haben wollte - aber trotzdem gut zu wissen. "Steht auch im Internet." "Soso, und wo ist die Küche nun?" "Da vorne durch und dann nach ganz rechts. Da kommt aber heute keiner," fügt er noch hinzu. "Danke." Das muss wohl der Hausmeister sein. Der Hausmeister an meiner Schule war auch so. Auch der Hausmeister von der Grundschule und einer anderen Schule, die ich zwischenzeitlich besucht hatte war so. Nun bin ich erwachsen und auch jenseits der Zwanzig, also warum kann ich auf meine klare Frage keine klare Antwort bekommen? Und warum habe ich das Gefühl, als hätte ich in den Rosen der Frau des Hausmeisters Fußball gespielt? Ich glaube Schulhausmeister sind einfach so. Arme Würstchen und ständig von Früh- und Spätpubertierenden umgeben. Zudem von Physik- und Mathematiklehrern herum gescheucht um defekte Heizkörper zu reparieren. Man hat es nicht leicht und da wird man einfach so. 



Die Kantinenküche wird von zwei Köchen betrieben. Dem Leiter der Küche und einem weiterem Koch, sowie zwei Spülhilfen, einem Fahrer und einer Küchenhilfe. Die Küchenhilfe fällt für zwei Tage aus und ich bin der Ersatz. Man zeigt mir kurz die Räumlichkeiten, versichert mir, dass ich auch bestimmt nicht viel zu tun hätte und verbannt mich in den Spülbereich. Und da bleibe ich für Stunden. Das liegt aber nicht daran, dass ich mich sonst nicht hätte einbringen können, sondern es gibt einfach nichts anderes zu tun für mich. Wenn ich mir nun vorstellte eine Ausbildung zum Koch in diesem Betrieb absolvieren zu müssen, würde ich durchdrehen. Diese Mensaküche vorsorgt neben den hauseigenen Schülern auch noch weitere Schulen und Kindertagesstätten der Region mit Mittagessen. Mit anderen Worten, die Küche bleibt auch bei Schulfrei nicht kalt. Ein dicklicher Koch steht schwitzend an einer großen "Kippbratpfanne" und sticht Kaiserschmarren ab. Das Hemd hängt ihm aus der Hose und die Rinnsale laufen ihm durch die Haare ins Gesicht. Scheint warm zu sein. Ich sehe ähnlich aus, denn mir schlagen alle Nase lang die heißen Schwaden der Spülmaschine ins Gesicht. Da hier heute nur für den kommenden Tag produziert wird und es kein Tagesgeschäft gibt, geht uns bald die Arbeit aus. Der letzte Schmarren ist abgestochen, das letzte Blech gespült. Wir gehen raus "Eine" rauchen. Zumindest leiste ich Gesellschaft. Ich habe vor neun Jahren meine letzte Zigarette geraucht und - toi toi toi - nicht wieder damit angefangen. "Und was ist an einem Tag wie diesen noch zu tun hier?" frage ich neugierig. "Hm, ja is schon Pech, dass hier heute nicht so viel los ist. Aber gut, dass du da bist. Wir machen noch die "Kitas fertig, dann noch Vorbereitung für morgen, sauber machen und das war 's." er nuckelt an seiner Kippe. Er erzählt mir noch, dass er früher bei der Bundeswehr gekocht habe, dass ihm der Job hier Spaß mache und dass ich mir das genau überlegen solle noch in meinem Alter Koch werden zu wollen. Die Motivation sinkt erfolgreich.





Das wichtigste Werkzeug eines Kochs ist sein Messer. In dieser Küche ist dies ein teppichmesserähnliches Schneidegerät. Damit werden Tüten mit Nudeln aufgeschnitten. Schutzfolien von Fünf-Liter-Eimern Dessert entfernt und Frischhaltefolie von der Zweihundertmeterrolle abgeschnitten. Es wird aufgerissen und umgefüllt. Mein Gewissen und ich treffen auf "Convenience Food". Eine schreckliche Begegnung. Die Zubereitung könnte kaum liebloser sein. Das Budget pro Mahlzeit liegt bei einem Euro fünfzig wird mir erklärt. "Mehr ist einfach nicht drin!" Vermutlich immer noch besser, als wenn diese Kinder gar kein warmes Essen zu Mittag bekommen. Zu meiner Zeit gab es gar keine Verpflegung in den Mittagsstunden. Wenige Stunden später kommt Fahrer Benno wieder und bringt uns die Warmhaltekanister zurück. Das dreckige Geschirr ist meine Aufgabe. Wir putzen, waschen ab und scheuern. Eine ganze Ladung warmer Mittagessen für eine Meute von zirka dreihundert Schülern wandert in die Tonne. Keine Schule, kein Essen. Die Küche wird geschrubbt und fast zwei Stunden vor der Zeit sind wir mit unserer Arbeit fertig und ich darf gehen.





2. Tag Mensaküche - heute mit Schülern. Wenn ich nicht ein bestimmtes Ziel verfolgen würde, dann wäre ich spätestens heute geflüchtet. Ich will ja gar nicht sagen, dass dort unhygienisch gearbeitet wird, aber die Mahlzeiten sind von minderer Qualität und echt beschissen zubereitet. Ich fühle mich zudem ein wenig an das Erlebnis "Hackfleischbällchen Toskana" zurück versetzt. Es schmeckt alles gleich. Irgendwie einfach nur nach Trockenkräutern, scheinbar wahllos zusammengewürfelt. An das Kartoffelragout eine Handvoll Thymian, an das Asiatische Rosmarin. Dill kann auch nicht schaden plus Fertigwürze aus der Flasche. Was da drin ist, möchte ich lieber nicht wissen. Die Geflügelbällchen für die Paprikasoße zu den Nudeln schmecken nach Kühlhaus, sind ölig und ein beißend salziger Geruch überdeckt alles. Die Nudeln von der schlimmsten Sorte. Krausbandnudeln, wie man sie aus Jugendherbergen her kennt. Weiß jemand wie Krausbandnudeln übergart und entrollt aussehen? In das Nudelwasser kommt kein Salz. Ich frage nach. Auf die Rückfrage, dass doch Nudelwasser leicht übersalzen werden sollte kam nur die Ausrede "Ich mache die Soße etwas salziger." Ich habe getestet. Ich glaube da hat er was vergessen. Da ich viel an der Spüle stehe, sehe ich was ich sehe. Die Teller mit den Nudeln kommen reihenweise zurück. Ich frage nach. Die Kalkulation lässt größere Sprünge nicht zu. Alle bekommen die gleiche Pampe. Alle Schüler dieser Schule, plus weitere Kindertagesstätten aus der Umgebung. Irgendwie rausgeworfenenes Geld. Die Speisen werden über zwei Stunden lang warm gehalten. Neu Erhitztes kommt einfach obendrauf. Der Küchenchef als auch sein Koch wissen um die Qualität - und tun nichts! Nicht mal das wenige was man tun kann, damit wenigstens das, was da ist einigermaßen appetitlich und ansprechend rüberkommt. Einige Zubereitungsstandards und ein ausgeklügeltes Haltezeitensystem würden hier schon Abhilfe schaffen. Wenn die Sache nicht so traurig wäre, dann würde ich vermutlich nur noch lachen.

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