Mein persönliches Highlight: VOX - das perfekte Dinner

Wen es interessiert, wie ich die Produktionszeit des "perfekten Dinners" auf VOX erfahren wird hier fündig. Der Produktionszeitraum für die Sendewoche vom 05. bis 09. März war gleich zu Anfang des Jahres - also etwa acht Wochen vor der Sendung.

Mit meinem Gastgebertag am Freitag endet eine anstrengende Woche und vorerst auch dieser Blog. Zu einem Stern habe ich es zwar nicht gebracht, aber kochen, das hab ich gelernt.

Dienstag, 23. März 2010

21. "Go around!"





Das ist die Anweisung der Flugsicherung oder auch ein Verfahren im Luftverkehr zum unverzüglichen Durchstarten. Der Luftraum ist voll. Die Flughäfen auch. Die Wege zum Ziel sind vorgeschrieben. Zuweilen erreicht man sein Ziel nur in Etappen und hin und wieder ist man gezwungen in einer Notsituation einen anderen Zielort aufzusuchen. Ein Pilot wird gezwungen durchzustarten, wenn der Wind zu stark von der Seite bläst. Oder falls noch eine andere Maschine auf seiner Landebahn steht. Auch plötzlicher Rückenwind kann zur Entscheidung führen, auf eine andere Landebahn auszuweichen. Ganz zu schweigen von wildesten Wetterbedingungen.

Aus lauter Trotz habe ich mir kindisch auf die Unterlippe gebissen. Ich habe mich schmollend in eine Ecke verdrückt. Tödlich beleidigt, naiv und unwissend. So etwas kann nur zum Crash führen. In diesem Fall wäre hier schon alles vorbei. Also sortiere ich meine Sinne. Da sind die Ziele, da sind die Wegpunkte. Ziele können auch Ausgangspunkte sein und manchmal führt der direkte Weg zum Ausgangspunkt zurück. Ich bin doch nicht der Einzige der hier das Kochen für sich entdeckt hat. Was bleibt ist: Durchstarten!





In einer örtlichen Feinkostabteilung bekomme ich Zander auf der Haut - zwei Filets. Kabeljau für die Farce. Wachteln für die Vorspeise und Lammkarree als Hauptgang. Um die 'nichtvegetarischen" Bestandteile herum gesellen sich frische Kräuter, Gemüse und sonstige Beilagen. In der Spirituosenabteilung leiste ich mir einen alten Cognac. Pfeifend komme ich nach Hause. Das frühlingshafte Wetter draußen und der Duft kalter Bratausdünstungen und Spüli drinnen sorgen für beste Laune. Anders als in den Restaurantküchen, hat meine Küche ein Fenster mit Blick ins Grüne. Ein Hochdruckgebiet à la cuisine wandert durch den Raum. Immer wenn ich vom Einkaufen nach Hause komme, dann muss ich erst alles ausbreiten und bewundern. Die Kassenzettel lasse ich schnell
verschwinden, damit ich nicht vor der Obrigkeit in Erklärungsnot komme. Das heutige Menü gestaltet sich wie folgt:





Pot-au-feu aus Wachtelkirschen kross gebratene Brust
***
Zander Doria auf Pastinakenpüree und Nussbutter
*** 
würziges Lammkarree in Milch gegart
***
 rote bayrische Creme mit Birnenjelly

Noch ein mal richtig Hände waschen und dann geht los. Für das Pot-au-feu setze ich eine Wachtelessenz an. Was das ist? Habe ich bis vor wenigen Wochen auch noch nicht gewusst. Hierbei handelt es sich um eine enorm konzentrierte Brühe. Dem Fond eins draufgesetzt sozusagen. Vielleicht auch zwei, aber dazu dürfen sich die ewigen Besserwisser gerne hier in den Kommentaren auslassen. Um die Brüstchen und die Keulchen gebracht, wandern die Karkassen in den Bräter. Zuvor mit einem großen Küchenmesser etwas zerkleinert. Das Knacken der Knochen ist ein Geräusch, an das man sich in der Küche einfach gewöhnen muss. Wachteln zu zerlegen fand ich die ersten Male etwas makaber. Meine Oma hatte mal einen Wellensittich namens Hansi. Irgendwie muss ich an den Tag denken, als er auf dem Boden des Vogelbauers im Sande lag und alle Viere von sich streckte. Ich war sieben.

Nach dem fünften Vögelchen hatte ich den Dreh raus. Ein sauberer Schnitt in der Mitte der Brust, auf dem Brustbein, an der Seite entlang und oberhalb des Flügels. Das Filetstückchen nicht abgetrennt. Die Keule wird am Kugelgelenk mit einem Knacken aus der Pfanne gehoben. Schnitt - und die Keule liegt da. Es ist wirklich einfach, wenn man weiß wo und wie. Der Bräter kommt in den Ofen, um die Knochen zu rösten. Die Brüstchen kommen in eine Farce, die Farce in die Keulen. Daraus forme ich dann die Wachtelkirschen. Beim Einkochen des Fonds muss ich nicht zuschauen und so wende ich mich dem Zander zu.





Für heute muss allerdings nur ein leckeres Salbeibutterhühnchen herhalten. Das macht sich mittlerweile wirklich fast von alleine. Und falls sich jemand gerade fragt: Ja, ich fange mit den Vorbereitungen gerne achtundvierzig Stunden vorher an. So kann ich einfach entspannter arbeiten.
Ich bin froh fertige Filets bekommen zu haben. Man sagt zwar, das der Fischhändler weniger frischen Fisch gerne als Filet anbietet, da man diesem nicht mehr hinter die Kiemen oder in die Augen schauen kann, aber ich riskier es. Er wird eh durchgegart, sollte also kein Problem darstellen. Außerdem hat die Feinkostabteilung des großen Warenhauses in der ich den Zander gekauft habe einen Ruf zu verlieren. Bei meinem letzten Versuch eine Forelle zu filetieren wurde daraus ein Plattfisch. Ein zerfledderter Plattfisch. Unglücklicher Weise habe ich auch erst danach festgestellt, dass die Forelle zudem noch nicht geschuppt war. Mit anderen Worten: Alles für'n Arsch!

Weiter geht's mit dem Zander. Die Filets waschen und trocken tupfen, salzen. Ein Stück Kabeljaufilet kommt in die Jamie Oliver Küchenmaschine. Zusammen mit blanchierten Feldsalat und Basilikum entsteht unter Bindung mit Eiweiß, Sahne, sowie Salz und Pfeffer eine cremige grüne Fischfarce. Diese streiche ich anschließend noch durch ein Haarsieb. Der frische Spinat wird vorab blanchiert und kalt abgeschreckt, belegt mit den restlichen Filets und anschließend mit der Farce bestrichen. Mit Hilfe von Alufolie wird das Ganze zu einer gleichmäßigen Rolle geformt. Das Paket wandert in einen Topf mit siedendem Wasser und gart dort bei 72°C. Sicher ist sicher. Die Pastinaken werden in Sahne weich gekocht und püriert. Die Gurkengarnitur mit einem Sparschäler in Streifen geschnitten, in einer Vinaigretteaus Essig, Öl und Dill mariniert und anschließend aufgerollt. Beides fülle ich ab und stelle es kalt.

Am Ende eines ereignisreichen Kochtages ist noch nichts fertig. Beim ersten Mal mit Gästen hat mich dies enorm unter Druck gesetzt. Döschen, Töpfe und Vorratsbehälter, dazu ein riesen Berg Geschirr, der zum Abschluss noch gespült werden möchte. Vor dem Schlafengehen schaue ich noch einmal in den Kühlschrank. Jede freie Ritze ist ausgenutzt. Während der Vorbereitungen ist es wie mit Rubiks Würfel. Eine logische und logistische Herausforderung. Wie packe ich was wie an, damit ich es auch wieder finde und trotzdem keinen Platz verschenke. Getränke fliegen kurzerhand raus. Bei Temperaturen um zehn Grad fällt auch die Kühlung auf der Fensterbank weg. Ein Jammer.





Den nächsten Tag kann ich ruhig und gelassen angehen. Die Vorbereitung steht. Der Zeitplan auch. Aber wie bei allen Dingen darf man nie die große Unbekannte außer acht lassen. Und diese sind in diesem Fall meine Gäste. Ab vierzehn Uhr sagte einer nach dem anderen im Stundenrhythmus ab. Meine letzte Hoffnung ist nun noch eine Spontaneinladung an meinen Nachbarn Jerôme, das kulinarische französische Barometer. Die Beurteilung meiner Kochkünste vollzieht er fachmännisch und gnadenlos ehrlich. Nur leider hält sich das Barometer in den Frühlings- und Sommermonaten stets in seiner Heimat auf. Eine Nachbarin ein Stockwerk tiefer leistet mir letztendlich Gesellschaft. Allerdings hat sie mit dem, was sie erwartete nicht gerechnet. Ist das ein Spaß!

Fazit: Geschmacklich war das Menü überzeugend, zwar noch kein Geschmacksfeuerwerk, aber durchaus genießbar. Optisch muss ich allerdings noch viel, viel üben. Es ist wirklich eine Kunst mit dem Spritzbeutel das Pastinakenpüree als tolle geschwungene Linien auf den Teller zu zeichnen. Das ist auch der Grund, warum ich von meinen fertigen Gerichten hier noch keine Fotos eingestellt habe. Es ist nach zehn und ich mache mich nun an den Abwasch. In diesem Sinne. Gute Nacht.

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