Mein persönliches Highlight: VOX - das perfekte Dinner

Wen es interessiert, wie ich die Produktionszeit des "perfekten Dinners" auf VOX erfahren wird hier fündig. Der Produktionszeitraum für die Sendewoche vom 05. bis 09. März war gleich zu Anfang des Jahres - also etwa acht Wochen vor der Sendung.

Mit meinem Gastgebertag am Freitag endet eine anstrengende Woche und vorerst auch dieser Blog. Zu einem Stern habe ich es zwar nicht gebracht, aber kochen, das hab ich gelernt.

Sonntag, 9. Mai 2010

30. Was kost' die Welt!


So langsam gelange ich an einen Punkt, an dem ich mir nun doch Gedanken über Kalkulation machen muss. Leider verfüge ich nicht über ein grenzenloses Budget. Aber erstklassig zu kochen hat nun mal seinen Preis. Das wird mir jeder bestätigen können, der statt Frikadellen aus der Tüte handgemachte Hackfleischbällchen macht, genauso wie der, der Schnitzel original vom Kalb und eben nicht vom Schwein nimmt. Das Wiener Schnitzel zum Beispiel ist original vom Kalb. Es ist hauchdünn und mit einer fluffigen Panade. Es ist so gemacht als könne es fliegen. Übrigens, wenige Beispiele, bei denen ich panierte Lebensmittel toleriere. Panade ist eine Unsitte der Neunziger, die sich bis heute gehalten hat. In der Panade sind übrigens alle die Geschmacksverstärker enthalten, die das Lebensmittel eigentlich von sich aus mitbringen sollte. Entweder ich mag Fisch oder ich mag ihn nicht. Mag ich ihn nicht, dann muss ich ihn nicht in die Form einer Bahnschwelle bringen und mit Semmelbrösel umhüllen, um ihn schmackhafter zu machen. Aber ich schweife ab.
Sei es wie es ist. Letzten Donnerstag hatten wieder einmal sechs Freunde die Gelegenheit sich an meinen Spargelvariationen zu erfreuen. Spargel, das königliche Gemüse. Einskommafünf Kilo weißer Spargel nicht zu dick, ein Kilo grüner Spargel, ein Kilo violetter Spargel, dazu ein paar Stangen Jumbo Spargel. Plus eine Schale Erdbeeren. Alles direkt vom Erzeuger aus der Region, handverlesen für zusammen fünfunddreißig Euro. Weiter geht's zur Metro. Vorab habe ich alle Rohstoffe und Zutaten nach Abteilungen aufgelistet, sodass ich nur eine bestimmte Route abzugehen habe. Es wird nur gekauft was auf dem Einkaufszettel steht, nicht mehr, nicht weniger. Die Metro verführt einen nur allzu schnell dazu Dinge einzukaufen, die man durchaus brauchen könnte, die aber zur Zeit finanziell absolut nicht drin sind. (siehe vorheriges Kapitel)
Das Menü sieht aus wie folgt:


Amuse 
kandierte grüne Spargelspitzen auf Spargelschaum 
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Spargeltörtchen an Kaisergranat und Rotweinbutter 
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grüne Spargelcremesuppe mit Jakobsmuscheln 
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Gebratenes Kalbsbries auf Spargelsalat mit Erdbeeren an Muskatblütenschaum 
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Zanderfilet gebraten auf der Haut mit einer Interpretation von Leipziger Allerlei und einer Cognacbuttersauce 
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Champagnerzitronensorbet 
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Grüner und weißer Spargel mit Cordon bleu und klassischer Sauce Hollandaise 
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Käse 
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Karamelparfait auf Erdnussschokoladentarte mit Karamelhippe und frischen Früchten.


Man darf davon ausgehen, dass alles selbst gemacht und nichts als fertiger oder vorgefertigter Bestandteil hinzugefügt worden ist. Die Ware ist frisch und von hervorragender Qualität.
Das Amuse wird von Champagner begleitet. Zum Essen gibt es eine Auswahl drei verschiedener Weine. Ein Frischer, ein Kräftiger, ein milder Roter. Prinzipiell ist das Ganze ein Weißweinmenü, trotzdem müssen auch unverbesserliche Gaumen befriedigt werden.
Die Spargeltörtchen sind exzellent. Die Suppe ist ein wenig übersalzen, wie man mir später gestand. Ich kann diesen Eindruck auch später nicht bestätigen, aber das Abschmecken mit Salz ist gar nicht so einfach, wie man sich das immer vorstellt. Die Jakobsmuscheln sind in der Suppe ersoffen. Kalbsbries, nun ja, das ist so eine Sache. Bries muss man mögen, oder auch nicht. Allerdings verfüge ich auch nicht über Erfahrungswerte, wie Bries zu schmecken hat. Beurteilen wir das einmal so. Die Konsistenz ist sehr zart, fast schon weich. Dafür, dass es angebraten ist ein eher merkwürdiges Mundgefühl. Da Bries kaum Eigengeschmack mitbringt muss es stark gewürzt werden. Die Meinungen meiner Gäste teilen sich hier ziemlich genau in der Mitte. Ich selbst schlage mich auf die "Contraseite".
(Das ist übrings mein Leipziger Allerlei!)

Der nächste Gang geht fast ohne Beanstandung durch. Allerdings hat ein etwas dickeres Stück Filet noch nicht den Gargrad erreicht, den es hätte haben sollen. Dumm gelaufen. Hier hat der Qualitätscheck am Pass versagt. Sorry dafür. Das Sorbet ist mittlerweile keine große Sache mehr. Der Hauptgang reibungslos durchgegangen. Hier weiß nur ich, was alles schiefgegangen ist und wie es eigentlich nicht sein sollte. Das fing schon damit an, dass das Kalbfleisch aus der Metro unverwertbar gewesen ist und ich Ersatz brauchte, aber schnell. Mein Supermarkt um die Ecke, der ja darauf schwört, dass er Lebensmittel liebe, hat alles in der Fleischtheke nur keine Kalbsschnitzel. Also muss die Ersatzdroge Schwein herhalten. Schon beim Plattklopfen in der Küche merkt man, dass das Fleisch nicht gegen sondern mit der Faser aufgeschnitten ist. Plätten war daher kaum möglich. Der Clou ist das Cordonbleu nicht zu schichten sondern zu rollen. Der Käse innen umhüllt von italienischem gekochten Schinken und dem Schnitzelfleisch. Das so aufgerollte Cordonbleu wird nun klassisch paniert, in Mehl gewälzt, mit Eigelb gebunden und mit Mie de pain umhüllt und anschließend in der Pfanne mit reichlich Butterschmalz ausgebacken. Bei mittlerer Hitze im Ofen fertig gegart.
Der Käse war reichlich und viel zu viel. Und meine ärgste Kritikerin lässt zum Schluss des Menüs verlauten, dass mich das Dessert den Stern gekostet hätte. Ernüchternd, aber sie hat natürlich recht. Das Parfait ist wirklich großartig gelungen, jedoch stellt die Erdnussschokoladentarte einfach nur eine große Enttäuschung dar. Der Boden ist keksig geworden und damit verlangte das ganze Dessert nach einem Dessertwein, um die krümelige Substanz herunterspülen zu können.

Kommen wir nun zur Kosten-/Nutzenrechnung:
Gesamtrechnung bei der Metro:                        348 €
Spargeleinkauf direkt beim Bauer:                      35 €
Fleischersatzkauf im Supermarkt:                       16 €
Kalbsbries, Kaisergranat und Jakobsmuscheln
vom Händler meines Vertrauens                         30 €
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Einkaufsumme gesamt:                                  429 € 
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Käse, denn den hat ja kaum
einer gegessen                                                       - 74 €
Lebensmittel, die nicht direkt für das Menü    -29 €
verbraucht wurden 
Anschaffungen bei der Metro                              -26 €
unverbrauchte Weine                                            -19 €
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Summe:                                                                  281 €
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Bleiben pro Gaumen                                            46 €

Wenn ich das Spitzenniveau eines Tages erreiche, das ich zu erreichen gedenke, dann ist dieses Ergebnis kein schlechtes.

Das letzte Mal sind meine Gäste in einer umfangreichen Bildergalerie bloßgestellt worden, dieses mal rechne ich ihnen vor, was sie mich effektiv gekostet haben. Ich befinde mich in einer Lernphase und da gehört eine Kalkulation einfach mit dazu. 

Übrigens, ohne den Champagner wären es rund zehn Euro weniger pro Gast gewesen.

1 Kommentar:

  1. Als Abo-Leserin des Sternekoch-Blogs nahm ich kürzlich endlich die Gelegenheit wahr und bewarb mich um einen Platz im Donnerstagsrestaurant (ich nenne es kurz DoRes). Ich hatte Glück, konnte eine Einladung ergattern und dachte schon nach den Amuses gueules: Wow! Was für ein Erlebnis! Und: Wie kann man in sooo kurzer Zeit nur sooo gut kochen lernen?! In dieser Frage waren sich am Ende des Abends alle Gäste einig: Der Mann ist ein Naturtalent und wird es weit bringen in der Gastro-Szene – wenn er denn will. Wir hoffen jedenfalls, dass unser Lob Ansporn für den Künstler war, seinen Plan weiterzuverfolgen und unsere Stadt irgendwann einmal auf die eine oder andere Art ganz offiziell kulinarisch zu bereichern. - Einzig eine Winzigkeit scheint mir verbesserungswürdig am DoRes: Ich finde, die Gäste könnten ruhig zur Kasse gebeten werden. Kalkulation gehört ja schließlich auch zum Geschäft, wie dieser Blog-Beitrag hier zeigt, und: Selbst bei WM-Grillabenden wird eine Umlage gemacht, um den Gastgeber nicht auf den Würstchenkosten sitzen zu lassen – also, nur keine falsche Scheu, Maître!

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